Auch in Ostafrika wird an Ostern einiges anders sein als sonst.
Als wir geplant haben, den Leserinnen und Lesern der Kirchenzeitung vorzustellen, wie die kirchlichen Hochfeste in anderen Ländern gefeiert werden, konnten wir nicht ahnen, dass die Fasten- und Osterzeit dieses Jahr, bedingt durch das Coronavirus, völlig anders begangen wird als sonst. Wie bei uns in Deutschland können fast überall auf der Welt keine Gottesdienste der Gemeinde stattfinden.
Die Fastenzeit wird in Ostafrika üblicherweise ähnlich begangen wie bei uns. Ab Aschermittwoch wird gefastet, und von Katholiken wird erwartet, dass sie weder Fleisch essen noch Alkohol trinken. Freitags wird zusammen der Kreuzweg gegangen. Die Pfarreien in Uganda, Kenia und Tansania sind riesig und haben viele Außenstationen. In der Fastenzeit besuchen die Priester möglichst viele der Außenstationen, damit die Gläubigen das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, empfangen können. Die Fastenzeit wird von den Kolpinggeschwistern und den Gläubigen als Zeit des Teilens und der Almosen gelebt. Besonders Bedürftige in den Kolpingsfamilien werden mit Kleidung, Essen, Dingen für den täglichen
Bedarf und auch Geld unterstützt. Die Kolpingmitglieder besuchen die Kranken und beten mit ihnen. Die jüngeren Menschen tun sich in Gruppen zusammen und sammeln Brennholz für kranke und ältere Menschen, holen Wasser und bearbeiten deren Gärten. An Karfreitag folgen die Christen – außer in diesem Jahr – zu Tausenden dem Kreuzweg und gehen durch die Städte, zu den Familien von einer Außenstation zur nächsten. Ostern ist eine Zeit der großen Freude und des jubelnden
Festes. In dieser Zeit besuchen die Gläubigen in großer Zahl die Ostergottesdienste. Die Gottesdienste, die in Kenia,
Tansania und Uganda sowieso schon viel länger sind als bei uns, dauern dann vier bis fünf Stunden. Es wird viel getanzt und gesungen. Das Halleluja schallt immer wieder voller Freude durch den Kirchenraum, getragen von Hunderten von Stimmen, die darin ihren Dank, aber auch ihre Hoffnung vor Gott bringen, dass auch sie zur Auferstehung berufen sind. Es ist eine fröhliche Feier, die die Mühsal und die meist beschwerlichen Lebensumstände zu Hause vergessen lässt.
Essen wird gemeinsam zubereitet
Normalerweise ist die Osterzeit für jene, die es sich leisten können, geprägt von gutem Essen, das gemeinsam zubereitet wird. Dazu gehört anders als sonst auch viel Fleisch. Wer kann, kauft sich neue Kleidung, um diese in der Osterzeit anzuziehen. Die Menschen besuchen Freunde, und Familien kommen zusammen. Sie genießen das Fest im Kreise ihrer Lieben. Zu Ostern gibt es auch Geschenke. Das sind in der Regel Lebensmittel für die gemeinsame Zubereitung des Essens. Wie in den meisten Ländern der Welt gibt es auch in Uganda, Kenia und Tansania keine Kirchensteuern. Daher werden die Priester und die Pfarrei gerade in der Osterzeit mit Lebensmitteln, Ziegen und Hühnern beschenkt. Doch dieses Jahr wird die Osterzeit gänzlich anders aussehen. Seit Februar dieses Jahres wird Ostafrika von einer dramatischen Heuschreckenplage heimgesucht. Milliarden von Heuschrecken fressen alles kahl. Für uns kaum vorstellbar: An einem einzigen Tag vertilgt ein Schwarm die Nahrung von Zehntausenden Menschen. Die Wüstenheuschrecke zählt zu den gefährlichsten Schädlingen weltweit. Ein Ende der Plage ist nicht in Sicht. Die Felder sind verwüstet, die Bäume kahl gefressen. Zu dieser sowieso schon schwierigen Situation kommt nun noch die Corona-Krise hinzu. So schreibt mein Kollege Fred Wakisa aus Uganda: „Die Situation hier ist ziemlich angespannt und besorgniserregend. Es gibt keine religiösen Aktivitäten in Kirchen mehr. Alle Kirchen wurden geschlossen, die Schulen sind geschlossen, der Flughafen geschlossen. (…) Dies ist eine echte Krise, es gibt viele Einschränkungen und Angst. Wir sind stark betroffen, da unser Gesundheitssystem an vielen Orten schlecht ist. Wir haben kein fließendes Wasser zum Händewaschen. Das verfügbare Wasser ist nicht geeignet für den menschlichen Konsum. Die größte Herausforderung besteht darin, dass Uganda ein Binnenstaat ist, in dem viele Vorräte von den Nachbarländern abhängen. Wir sind uns nicht sicher, wie die Situation bald aussehen wird. Höchstwahrscheinlich wird ein großer Teil der Bevölkerung an Hunger sterben, noch bevor Corona sie trifft.
Wir müssen weiterhin durch den gesegneten Adolph Kolping füreinander beten, um die Welt zu retten. Wir beten, dass der gute Herr kommt und sein eigenes Volk rettet, das er nach seinem eigenen Bild mit viel Liebe und nach einem Abbild geschaffen hat.“
Liebe Leserin, lieber Leser, ich wünsche Ihnen trotz all der widrigen Umstände, dass Sie die befreiende Kraft des Osterfestes
spüren können. Hoffen wir, dass wir bald wieder in Gemeinschaft Gottesdienst feiern können! Und eine Bitte habe ich noch: Vergessen Sie die Armen in dieser Krise nicht!
Sigrid Stapel,
Referentin für entwicklungspolitische
Bildungsarbeit bei Kolping International